Max Dexheimer ist wohl das, was man ein Winzertalent nennt. Gerade einmal 24 Jahre alt, vor kurzem das Studium in Geisenheim abgeschlossen und eine eigene Weinlinie macht er seit einigen Jahren ganz nebenbei auch noch. Von deren Qualität durfte ich mich Mitte September bei der jährlichen Vorstellung der “Generation Riesling” in Hamburg überzeugen. Dies ist eine Plattform, auf der sich junge deutsche Winzer unter 35 Jahren präsentieren. Und da sind wirklich einige dabei, die uns in den nächsten Jahren noch sehr viel Freude in Flaschenform bringen werden! Aber zurück zu Max: Er ist nun die 5. Generation seiner Familie, die das Weingut Walldorf betreibt. Und wie in jedem Familienunternehmen gestaltet sich auch in einem Weingut der Übergang von der einen Generation zur nächsten manchmal nicht ganz einfach. Max war so nett, mir im Anschluss an die Veranstaltung einige Fragen zu seinem Werdegang und seinem Einstieg ins Familienunternehmen zu beantworten.
Hallo Max! Stell dich doch einmal kurz vor.
Servus Peter, ich bin Max Dexheimer, 24 Jahre alt und komme aus dem Herzen von Rheinhessen, genauer gesagt aus Saulheim, etwas südlich von Mainz.
Du bist Mitte 20, machst aber schon seit vier Jahren deine eigenen Weine. Wie kamst du überhaupt dazu?
Ja, das stimmt! Ich wurde da ganz einfach reingeboren, meine Eltern machen das ja auch schon immer. Ich bin mit den Reben und dem Wein aufgewachsen, könnte man sagen – ganz so einfach ist die Geschichte dann aber doch nicht erzählt. Früher, da wollte ich eigentlich immer nur einen geregelten Job. Während Andere davon träumten Fußballstar, Feuerwehrmann oder Astronaut zu werden, wollte ich eigentlich nur morgens ins Büro und abends wieder Heim. Und am Wochenende dann frei haben. Das liegt vielleicht daran, dass wir zuhause auch einen Gutsausschank, also ein kleines Restaurant haben. Die Eltern waren also fast Tag und Nacht am Arbeiten. Das ging mir dann schon mal gegen den Strich. Als ich dann etwas älter wurde, habe ich vor allem im Restaurant geholfen. Erst beim Abwasch, dann im Service. Aber das war nicht nur familiäre Verpflichtung, das waren dann auch die ersten Aha-Momente. Viele lobten das tolle Ambiente, den Wein und die Geselligkeit. Da wurde mir dann schon bewusst, dass es etwas Besonderes ist, wenn man ein paar Weinberge hat und die Möglichkeit hat, in die Fußstapfen der Eltern treten zu können.
War damit schon klar für dich, dass du auch Wein machen willst?
„Der Deal mit meinen Eltern war dann, dass ich einen eigenen Weinberg bekomme, um mal zu schauen, wie das alles so richtig funktioniert mit dem Weinmachen.“
Naja, so richtig ging es dann erst in der 9. Klasse los. Mit der Schule stand ich generell auf Kriegsfuß und nachdem ich die 9. Klasse noch ganz gut überstanden hatte, habe ich mich dann schon mal gefragt: „So – was könnte ich denn jetzt machen, falls ich es nicht in die 11. schaffe?“. Der Deal mit meinen Eltern war dann, dass ich einen eigenen Weinberg bekomme, um mal zu schauen, wie das alles so richtig funktioniert mit dem Weinmachen. Das war 2008, ein kleiner Weißburgunder Weinberg mit knapp 1000 m2 lag auf einmal in meiner Obhut. Das war schon eine Aufgabe, meinen eigenen Weinberg zu pflegen. Du musst immer schauen, dass du die Arbeiten dann erledigst, wenn der beste Zeitpunkt dafür ist. Das musste ich damals bitter erfahren. Da ich die “Heftarbeiten”, also das Hochbinden der Reben, Anfang Juni immer wieder wegen Handball, fehlender Lust und manchmal sogar wegen der Schule habe schleifen lassen, sind nach einem Sturm dann viele Triebe abgebrochen. Viele Vorarbeiten waren damit umsonst. Da hab ich mich schon sehr über mich geärgert. Aber immerhin: Die Trauben waren gut und so gab es für den ersten Wein direkt eine Goldmedaille in Wien. Da war ich mächtig stolz. Die richtige Leidenschaft hat sich dann aber erst während der Ausbildung entwickelt. Im beschaulichen Laumersheim bei der Familie Knipser – aber das ist eine andere großartige Geschichte.
Bevor du richtig im elterlichen Betrieb losgelegt hast, warst du in Neuseeland unterwegs. Wie hat dich diese Zeit geprägt und was hast du davon mitgenommen und in deine Weine einfließen lassen? Was würdest du gerne noch ausprobieren?
Im Großen und Ganzen fast nichts. Ich habe eigentlich ziemlich viel gesehen, was ich auf keinen Fall so machen möchte. Aber wenn du weißt, was du nicht willst, bringt dich das auch eher zu dem, was du möchtest.. Das war eigentlich die Haupterkenntnis. Aber gerade bei Hans Herzog in Marlborough habe ich einige Einblicke in die Welt der Biodynamie bekommen habe, was ich sehr spannend fand. Ich erinnere mich ziemlich gut an einen Moment: Ein kühler Herbsttag, die Luft duftete nach nassem Gras, reifen Trauben und etwas frischer Seeluft. Ich stand gerade in einem Weinberg, schaute mich um und fand die Umgebung einfach schön. Der Weinberg ist integriert in eine tolle Landschaft, mit genügend Raum für die Natur im Weinberg und drumherum. Es wirkte einfach sehr harmonisch. Das führe ich unter anderem auf die biodynamische Arbeitsweise zurück. Und das ist genau das, was ich auch derzeit daheim weiter fokussieren möchte: Biodiversität und Arbeit im Einklang mit der Natur, ohne dabei dogmatisch zu sein.
Wie war bei dir der Einstieg in den elterlichen Betrieb? Euer Weingut hat – soweit ich weiß – ja schon eine lange Geschichte. Kommen da die Ideen, die man mitbringt, immer gut an?
„Beim Riesling und beim Spätburgunder hat meine Art der Bewirtschaftung im Weinberg erstmal schon einiges an Gegenwind bekommen.“
Ja, das ist natürliche so eine Sache. Da treffen einfach verschiedene Generationen aufeinander und jeder hat so seine eigenen Ansichten. Der Einstieg war ganz gut: Ich bin auf meine Eltern zugegangen und meinte, dass ich gerne meine eigene Kollektion machen möchte. Da haben wir dann schon überlegt, wie man das am besten machen kann. Nicht zu viel und nicht zu wenig eben. Also beschränkte ich mich auf Riesling, Weißburgunder, Silvaner und Spätburgunder. Den Weißburgunder machte ich ja eh schon seit Jahren, da hat sich dann nur die Ausbauart geändert. Beim Silvaner war das auch alles noch kein Thema. Aber beim Riesling und beim Spätburgunder hat meine Art der Bewirtschaftung im Weinberg erstmal schon einiges an Gegenwind bekommen. Ich war für bedingungslose Handlese, radikales Ausdünnen, Ausbau im Barrique und dann auch noch Spontangärung. Das war dann doch recht viel auf einmal. Da musste ich auch erst mal wieder etwas zurückstecken. Das mit den Ideen und den Neuerungen ist halt so eine Sache, da diese teilweise auch mit erheblichen Investitionen verbunden sind. Ein Barrique zum Beispiel: Ich setze da immer auf sehr hochwertiges Holz. Das kostet dann schon mal 1000€ pro Fass. Und mit einem Fass kommt man dann meist auch nicht sehr weit. Da kommt dann schon schon einiges an Kosten zusammen. Aber: Der Wein, der darin ausgebaut wird, ist der Probstey Spätburgunder – mein Herzstück. Und glücklicherweise funktionierte der auf Anhieb sehr gut. Vom aktuellen Jahrgang, dem 2013er, ist die Hälfte bereits vorab reserviert gewesen. Der kleine Bruder, der Saulheimer Spätburgunder, war innerhalb von 4 Wochen ausverkauft. Und um das mal in Relation zu setzen, auch in Bezug auf die Preise: Mein Probstey kostet 30€, der Saulheimer 17€ die Flasche. Der meines Vaters, der mehr erntet und einfacher verarbeitet, kostet 6,30€ pro Flasche. Und trotz des hohen Preisunterschiedes gehen meine Weine wie gesagt wirklich gut weg. Eigentlich keine Diskussionen mehr, oder?
Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt: Wie gehst du damit um? Kannst du dich dann durchsetzen oder steckst du dann auch mal zurück, um den Familienfrieden zu wahren? Sowas ist in Familienbetrieben ja nicht immer einfach, oder?
„Zeitweise habe ich dann auch gestreikt, bin bei den Großeltern eingezogen und hab mir spontan ein Praktikum gesucht – worüber ich heute total froh bin, weil es mich weitergebracht hat.“
Ja, das ist eine verdammt schwere Aufgabe. Ich habe da schon einiges ausprobiert. Früher habe ich versucht, mehr zu taktieren, indem ich gezielt Anreize gesetzt habe und versucht habe, die Eltern über einen längeren Zeitraum von meinem Standpunkt zu überzeugen. Das war auch oft erfolgreich. Teilweise ist es schon soweit, dass die Eltern dann heute mit Ideen ankommen, die ich vor ein paar Jahren mal in den Raum geworfen habe. Ich bin jedoch mit zunehmendem Alter eher etwas ungeduldiger geworden und wollte dann oft, dass wir den ganzen Betrieb umstellen. Vieles dauerte mir einfach zu lange. Das war eine sehr schwierige Phase, zeitweise habe ich dann auch gestreikt, bin bei den Großeltern eingezogen und hab mir spontan ein Praktikum gesucht – worüber ich heute total froh bin, weil es mich weitergebracht hat. Mittlerweile versuche ich einen anderen Weg zu gehen: den des stetigen Vorangehens. Ich mache meine Projekte und unterstütze die Eltern, wo ich kann, aber ohne meine Projekte zu vernachlässigen. Die Eltern sind natürlich teilweise mehr und teilweise weniger begeistert. Dennoch: Es ist auch ein Weg in die Selbstständigkeit, jetzt da das Studium quasi rum ist. Da merkst du einfach, was es heißt, selbstständig zu sein. Du musst selbst ständig etwas tun, egal ob im Weinberg, im Keller oder aber im Verkauf.
Du hast jetzt gerade deine Etiketten neu gestaltet, auch eine neue Website ist in Arbeit. Ist das jetzt die „Emanzipation“ von Max? Findest du es wichtig, dass du als eigenständiger Winzer am Markt wahrgenommen wirst?
Ja, genau das soll es auch sein: Eigenständig und mit einem sehr eigenen Charakter, genau wie meine Weine. Mit der Erfahrung – wenn man davon in meinem Alter schon reden kann – habe ich einen ganz eigenen Wein-Stil entwickelt. Jetzt war es mir auch wichtig, dass man das den Flaschen ansieht.
Hat das auch Auswirkungen darauf, wie und an wen du deinen Wein verkaufst? Willst du damit bewusst eine jüngere Zielgruppe ansprechen?
Das wird sich jetzt zeigen, da bin ich selber sehr gespannt. Meine bisherigen Kunden fanden “alte” Etiketten sehr gut. Aber auch von den Neuen sind die, mit denen ich bisher gesprochen habe, begeistert. Das alte Etikett mit dem Wappen hatte die Jüngeren oft abgeschreckt. Das wirkt so etabliert und etwas altbacken, hat aber auch die „alten“ Weintrinker neugierig gemacht. Sah ja aus wie die Flaschen von Künstler, Knipser, Bürklin Wolf und Co. Die meisten haben dann nur nach dem Namen geschaut. Mit dem neuen Design möchte ich aber vor allem meinem Wein-Stil gerecht werden: Der ist puristischer und dezent, aber auch selbstbewusst und ausdrucksstark.
Während deines Studiums in Geisenheim hast du auch andere Jungs kennengelernt, die gerade in einer ähnlichen Situation sind wie du. Andi Mann, Andi Weigand und Jason Groebe sind alles aufstrebende Jungwinzer, die sich jetzt – wie du – ihren eigenen Namen machen. Hilft der Austausch mit den Jungs, wenn es um wichtige Entscheidungen geht?
„Das ist halt Quatsch. Der Wein war so geil, durch das Depot hat er sich beim Trinken sehr verändert.“
Der Austausch ist absolut das Wichtigste! Gerade die Zeit in Geisenheim war sehr besonders für uns alle. Oft hat Einer verschiedene Fassproben mitgebracht und es wurde lange darüber diskutiert. Das half mir auch sehr. Daheim probierst du mit deinem Vater, der zwar auch einen ganz guten Geschmack hat und ja auch immer schon gute Weine macht, aber der hat eben einen anderen Geschmack. Einige meiner Weine haben ihm zum Beispiel einfach nicht gefallen. Wie mein Probstey Spätburgunder von 2012. Der war komplett unfiltriert abgefüllt. Da sagt er heute noch, dass er den eigentlich am liebsten wieder aufgezogen und filtriert hätte. Das ist halt Quatsch. Der Wein war so geil, durch das Depot hat er sich beim Trinken sehr verändert. Der erste und der letzte Schluck aus der Flasche waren komplett unterschiedlich. Aber genau das ist es, was ich mit meinen Weinen zeigen und vermitteln will. Und bei solchen Diskussionen hilft es dann, Rückendeckung von den Jungs zu haben, weil ich mit denen das Ganze schon durchdiskutiert habe.
Was für ein Ziel hast du mit deinen Weinen?
Meine Weine sollen Spaß machen, sie sollen voller Spannung sein. Das Wichtigste ist für mich, dass du immer Lust auf den nächsten Schluck hast. Der Wein darf nicht müde machen. Er muss belebend sein. Besonders am Herzen liegt mir die Vielfalt der Jahrgänge. Ist es nicht etwas ganz Besonderes, zu sehen und zu schmecken, wie das Wetter den Wein von Jahr zu Jahr beeinflussen kann?
Und was würdest du dir von uns Weintrinkern, also deine Kunden, wünschen?
Natürlich, dass sie mehr Wein trinken. (grinst)
Weingut Walldorf
Mainzerstraße 50
55291 Saulheim
Die Website von Max wird gerade überarbeitet und ist sicher bald nach der Ernte wieder erreichbar:
https://www.facebook.com/Weingut-Walldorf-178154038880795/
Wer nicht so lange warten will: Zwei von Max’ Weinen bekommt ihr auch bei tvino.de (Affiliate Link) oder vor Ort im Weinladen St. Pauli – ihr wisst schon, der tolle Laden von Stephanie Döring.