Witterung aufnehmen. Was sich erstmal nach Jagd anhört, hat bei genauerer Betrachtung gar nicht so viel damit zu tun, sondern ist der Titel einer kulinarischen Veranstaltungsreihe in und um Hamburg. Aber nachdem ich im vergangen Herbst bereits einen wunderbaren Abend unter diesem Label erleben durfte, musste ich jetzt doch nochmal die Nase in den Wind halten und „Witterung“ aufnehmen, um mehr darüber zu erfahren. Dazu habe ich Louise und Florian Kunth – zwei der Gründer der Eventreihe – mal kurz fünf Fragen gestellt.
Schlagwort: Nachhaltigkeit
Von einer, die auszog, um das Käsen zu lernen
Alles hinwerfen, raus aus dem vertrauten Alltagstrott, ab jetzt etwas ganz anderes machen? Das haben sich sicher schon viele von uns gefragt – aber die wenigsten von uns besitzen dann auch den Mut und die Durchsetzungskraft, wirklich etwas an unserem Leben zu ändern. Ganz im Gegensatz zu Annika Grieb. Die studierte Sozialwissenschaftlerin war bereits auf dem Sprung zum Doktortitel, einer akademischen Karriere wäre eigentlich nichts im Weg gestanden. Doch dann kam mal wieder alles anders und Annika hat sich dazu entschlossen, ein Handwerk zu lernen. Käsen, um genau zu sein. Im Interview hat sie mir erzählt, wie es zu dieser Entscheidung kam und was sie unter dem Namen “Wurst Käs Szenario” noch vor hat.
Mehr Märkte braucht das Land: Ein Besuch in der neuen Hobenköök
Wer mich kennt oder hier schon ein bisschen mitliest weiß: Ich liebe Märkte und Markthallen. Egal wo ich mich rumtreibe, ist ein Markt in der Nähe ist der Zeitvertreib gesichert und die Stimmung ganz oben. Umso trauriger für mich, dass es in Hamburg zwar tolle Wochenmärkte, aber keine Markthalle gibt, in der man auch zwischendurch oder nach Feierabend gute, regionale Lebensmittel bekommt. Bis jetzt. Denn seit Anfang August gibt es ein neues Highlight in der Hamburger Food-Landschaft: Die Hobenköök – eine Mischung aus Restaurant und Markthalle. Natürlich musste ich da gleich mal hin, mich umschauen und Thomas Sampl, einem der Gründer, ein paar Fragen stellen.
Jens Rittmeyers Farm to Table Dinner: Wenn das Gemüse die kürzeste Anreise hat
Jens Rittmeyer hat schon viele Küchen von innen gesehen. Egal ob in Baden-Baden, im Rheinland, im sonnigen Portugal, im kühl-maritimen Sylt oder natürlich jetzt in den beiden Restaurants „N°4“ und „Seabreeze“ im Hotel Navigare in Buxtehude, wo er inzwischen als kulinarischer Leiter und Chef de Cuisine tätig ist und sich innerhalb weniger Monate den ersten Stern im Guide Michelin erkochte. Einen kürzeren Weg von der Küche in den Gemüsegarten als beim gerade zu Ende gegangenen Farm-to-Table Popup auf dem Biohof Ottilie im Herzen des Alten Landes südlich der Elbe hatte er aber wohl noch nie. Über den Daumen gepeilte Entfernung: 7,25m (Luftlinie). Zur Brunnenkresse vielleicht sogar noch etwas weniger. Hier meine Eindrücke eines perfekten Sommerabends im Alten Land.
Taste CocoA: Nachhaltiger Kakaofrucht-Saft aus Ghana
Kakao kennen wir alle und er ist allgegenwärtig. Ob als Pulver für die Milch, als Schokolade in Tafel- oder Riegelform und auch als Kakaobutter in Kosmetika – er ist einfach überall. Nur im Saftregal ist man bisher selten auf ihn gestoßen. Warum denn auch? Aber das soll sich bald ändern – zumindest wenn es nach Anian Schreiber und seinen Mitstreitern in Ghana und Zürich geht.
Appelhoff & Botterfatt: Von der Vision einer verpackungsfreien Markthalle
Barcelona hat eine, London hat eine, Kopenhagen natürlich auch und seit einigen Jahren gibt es sie auch in Berlin wieder: eine feste Markthalle. Metzger, Bäcker, Gemüse- und Spezialitätenhändler stehen hier nebeneinander und bieten ihre Waren aus dem Umland feil. Imbiss-Buden (die man heutzutage ja Streetfood-Stände nennt) laden dazu ein, direkt vor Ort ein paar leckere Gerichte zu verspeisen. Wenn ich in einer der besagten Städte bin, zieht es mich immer auf diese Märkte. Und dann komme ich wieder zurück nach Hamburg… Hier haben wir zwar viele und schöne Wochenmärkte, aber die sind meistens entweder zu arbeitnehmer- oder langschläferunfreundlichen Zeiten. Eine ständige Markthalle würde das sicher komplettieren.
Besserfleisch.de: Wir teilen uns ne Kuh!
Wirklich gutes Fleisch zu finden, ist gar nicht so einfach. Denn sind wir doch mal ehrlich: Wisst ihr wirklich, wie das Tier aufgewachsen ist, das da auf eurem Teller liegt? Wisst ihr genau, unter welchen Umständen es sein Leben lassen musste? Eben. Ganz sicher kann man sich da leider fast nie sein. May-Britt Wilkens ging es da ganz ähnlich. Aber anstatt dem Metzger blind zu vertrauen, hat sie das Ganze einfach selbst in die Hand genommen und ein Unternehmen gegründet, dessen Maxime radikale Transparenz und dessen Name Programm ist: Besserfleisch.
Bauer unser: Billige Nahrung, teuer erkauft
Nachdem der Film in Österreich bereits viele Besucher in die Kinos zog, läuft Bauer unser, die neue Dokumentation von Robert Schabus, seit einer guten Woche auch in Deutschland. Darin wird eindrücklich gezeigt, unter welchem Druck Landwirte heutzutage leiden. Überleben kann nur noch, wer sich spezialisiert oder um jeden Preis wächst – oft zu Lasten der Tiere oder der Produkte. Im Film werden die verschiedenen Ansätze ebenso gezeigt wie die politischen Zusammenhänge in einem globalen Markt. Die Süddeutsche Zeitung hat den Film bereits besprochen und einen umfassenden Artikel dazu geschrieben. Wem das zu viel Text ist, kann sich hier mit dem Trailer ein Bild vom Film machen:
Ihr fragt euch jetzt, wo dieser Film läuft? Hier gibt es eine interaktive Karte mit allen Spielorten!
Leseempfehlung: Safran statt Opium
Jan-Peter Wulf, der unter anderem den nomyblog betreibt, hat für das Online-Magazin DAS FILTER vor einiger Zeit das Berliner Startup Conflictfood portraitiert. Das Unternehmen handelt fair mit Spezialitäten aus Krisenregionen rund um den Globus und leistet damit einen Beitrag zur lokalen Entwicklung und schafft Perspektiven, wo diese dringend gebraucht werden. Das erste Produkt des Unternehmens ist Safran von einem Frauenkollektiv aus Afghanistan, bald gibt es auch Freekeh aus Palästina. Ein spannender Text über ein tolles Projekt:
Eine Ernte mit äußerst geringem Ertrag: Rund 200.000 Krokusblüten müssen vorsichtig von Hand gepflückt werden, um gerade mal ein Kilogramm des „Königs unter den Gewürzen“ zu gewinnen. „Wir fanden besonders spannend, dass es eine Gruppe von Frauen war, die den Umstieg von Opium auf Safran aktiv gewagt hat“, so Salem. Die Frauen haben sich in einem Rat organisiert, einer Schura, die nicht nur den Lebensmittelanbau steuert, sondern auch Bildungsangebote im Dorf geschaffen hat.
Den vollständigen Text gibt’s hier: http://dasfilter.com/leben-stil/safran-statt-opium-neue-businessmodelle-im-kriegsland-afghanistan-conflict-food
Schüttel deinem Bauern die Hand: Food Assemblies als Ergänzung zum Wochenmarkt
Wahrscheinlich dürfte es inzwischen jedem Leser und jeder Leserin von KOST klar sein: Ich liebe Wochenmärkte. Egal ob hier in Hamburg, zuhause in Süddeutschland oder auch im Urlaub. Aber für einen ausgedehnten Marktbesuch braucht man vor allem eines: Zeit. Und wenn am Wochenende alle unterwegs sind, geht der Kontakt mit den Erzeugern im Trubel des Marktgeschehens oft unter und man drängelt sich mehr von Stand zu Stand, statt die Vielfalt des Angebots zu genießen. Die sogenannten „Food Assemblies“ wollen genau hier ansetzen und eine Möglichkeit bieten, auch ohne großen Aufwand in Kontakt mit Erzeugern zu treten und nebenbei auch noch bequem die Einkäufe erledigen zu können. Für Kost habe ich mir das Konzept mal genauer angeschaut und mich mit Alex Meyer getroffen, der die erste Food Assembly in Hamburg organisiert.